Sonntag, 20. Mai 2007

Niemalswo

Richard Mayhew ist ein normaler Typ aus London. Hat nen normalen Job, ne normale - wenn auch etwas herrische - Freundin, eine normale Wohnung, ein normales Leben, mit dem er eigentlich ganz zufrieden ist. Das ändert sich schlagartig, als er etwas unnormales, völlig spontanes und untypisches tut. Entgegen den Anweisungen seiner Freundin hilft er einer verletzten Frau, die mitten auf dem Bürgersteig liegt und etwas seltsam angezogen ist.

Doch no good deed goes unpunished und so muß Richard bald feststellen, daß er einen hohen Preis für die Rettung von Lady Door zahlen muß: Absolut niemand in London kennt ihn mehr, er scheint unsichtbar, unwahrgenommen. Auf der Suche nach Door und einem Weg zurück in sein altes Leben entdeckt er London Below, eine verwirrende Parallelwelt, die an einigen Punkten mit London Above konvergiert und von seltsamen Gestalten bewohnt wird. Im Schlepptau von Lady Door, die den Engel Islington sucht, um den Mord an ihrer Familie aufzuklären, geht Richard auf eine skurille Reise durch London Below. Begleitet werden die beiden von Maquis de Carabas - einem Schlitzohr sondergleichen - und Hunter, einer berühmten Kämpferin. Die ganze Zeit verfolgt von Mr. Croup und Mr. Vandemar, einem sadistischen Killer-Duo...

"Neverwhere" ist eine 6teilige BBC-Serie von 1996, für deren Drehbücher sich niemand anderer als der mit seinem "Sandman" in den Comic-Himmel erhobene Neil Gaiman verantwortlich zeigt. Hab ich allerdings nie gesehen. Gaiman schrieb später eine Roman-Adaption des Stoffes, det Teil wurde direkt zum Beststeller. Nie gelesen. Vor kurzem erschien aber ein Sammelband der neunteiligen Comic-Adaption von Mike Carey und Glenn Fabry. DEN hab ich gestern gelesen :).

Muss ja zugeben, daß ich da blind zugegriffen habe, weil groß NEIL GAIMAN'S NEVERWHERE draufstand. Dass er das gar nicht selber geschrieben hat, hab ich erst beim Lesen des Vorwortes gemerkt. Ist aber nicht schlimm, Carey versichert darin sehr eindringlich, daß er sich bemüht hat, sehr an der Vorlage zu bleiben und das glaub ich ihm eigentlich durchaus. Immerhin ist er als Autor des kürzlich beendeten Lucifer kein Unbekannter im Sandman-Universum.

Die sehr lesenswerte Geschichte hat mich dennoch nicht vollkommen überzeugt, was wahrscheinlich an zwei Sachen liegt: Erstens kenn ich London nicht gut genug und zweitens hatte ich am Ende zwar das "Hui. Det war klasse. Stark"-Gefühl, allerdings gemischt mit "Hmm. Irgendwie hab ich das Gefühl, da wäre mehr drin gewesen". Viele Facetten London Belows und Ereignisse der Reise Richards wirken auf mich im Comic etwas "angerissen", zu schnell "abgefertigt". Vielleicht sind 9 Hefte doch zu wenig Platz, um London Below komplett gerecht zu werden. Oder aber es ist durchaus beabsichtigt, denn so wird der Leser genauso von einem merkwürdigen Schauplatz zum nächsten gejagt, von einer absurden Gefahr zur nächsten spirituellen Prüfung, wie es mit Richard geschieht. Keine Ahnung. Wenn ich so drüber nachdenke, muss ich meine Meinung dann doch revidieren, denn meine Unzufriedenheit ist eigentlich ein Pluspunkt: Ich will mehr über diese Welt wissen, mehr über den Floating Market, die Black Friars und den Earl.

Überhaupt sind die ganzen Lokalitäten und Personen für den London-Kenner (da sind wir bei Punkt eins, ich bin keiner, habe aber mal etwas gewikipediat) ein riesiges Schmankerl. Die Down-Street London Belows ist beispielsweise in der Senkrechte angeordnet, die (K)Nightsbridge birgt ein dunkles Geheimnis, der Earl's Court residiert in einem Zug und Old Bailey ein wichtiger Nebencharakter.

Werd mal die Augen nach dem Roman und der TV-Serie offenhalten, mein Interesse ist geweckt.

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