Freitag, 22. Dezember 2006

JMS vs. FF

Nachdem ich seit Mitte Oktober kein aktuelles Comic-Heft mehr gelesen hab, wartet auf mich hier in Chemnitz ein riesiger Comic-Stapel, den ich wohl kaum über die Feiertage abgearbeitet kriege.

Eins hab ich aber schon geschafft, und zwar Marvels letzte Monster Edition, prall gefüllt mit den ersten 9 Heften von JMS' Fantastic Four-Run (plus dem 40th Anniversary Special von Karl Kesel). Ich bin prinzipiell eine großer Fan von JMS' Schreibe, sämtliche Werke wie Supreme Power, Rising Stars, Midnight Nation oder Book of Souls haben mir sehr gefallen. Von seinen "mainstreamigen" Sachen hatte ich bisher nichts gelesen, allerdings am Rande mitbekommen, wie sauer die Spider-Man-Fangemeinde über seine "Vergewaltigung" von Spideys alter Flamme Gwen Stacy war. War mir wurscht, Spidey les ich nicht.

Nun, ich mag die Fantatstischen Vier, lese sie seit der "Wiedergeburt der Helden" im Jahre 2000 auf deutsch. Ihre Abenteuer waren immer etwas abgefahrener und spaciger als die der anderen Helden, es ging in andere Dimensionen, oft in den Weltraum und mittendrin war trotzdem diese Familie mit all ihren Problemchen. Mag ich, die Nebenreihe MK4 mochte ich mehr, aber die ist ja mittlerweile eingestellt. Hab alle 5 Trades hier, sehr lesenswert. Anyway, auf JMS' Run, den uns Marvel Deutschland aufgrund der miesen Verkaufszahlen der zweimonatlichen Serie lange vorenthielt und uns nun als dickes Monster präsentiert, war ich gespannt wie ein Flitzebogen. Und ich bin ein bissl enttäuscht und beginne zu verstehen, was die Fanboys an JMS auszusetzen haben.

Sein erster Sechsteiler ist zwar versehen mit einer wunderbaren Nebenhandlung um das Jugendamt, das Sue und Reed die Kids wegnehmen will, weil sie zu gefährlich leben, und es gab auch ansonsten ein paar herrlich humorvolle Szenen, aber die Haupthandlung war... gar nicht mein Fall und krankt wohl an genau dem, was JMS zum Teil so verhasst macht. Dabei geht's gut los: Wissenschaftler haben rausgefunden, daß die genauen Umstände der Entstehung der Vier durch die kosmischen Strahlen im All in ein paar Tagen nochmal genauso stattfinden werden und bitten Reed, das Raumschiff von damals genau nachzubauen, sodaß man einen ganzen Trupp Leute hochschicken kann, um sie mit Superkräften auszustatten. Alles sehr unterhaltsam, sehr interessante Fragen werden aufgeworfen, bei deren Beantwortung aber der JMSsche Hase im Pfeffer liegt. Ich will jetzt nicht viel rumspoilern, aber ab dem Punkt, an dem Reed die Intelligenz hinter der kosmischen Strahlung entdeckt, schießt der Autor nicht nur Reed zum Beginn des Universums sondern auch völlig über das Ziel hinaus.

Und das auch noch mit IMO einem recht erbärmlichen plot device, das ich von ihm so gar nicht kenne. Das Portal zur Negativ-Zone musste ja schon viel über sich ergehen lassen, aber sowas? Also bitte. Und danach folgt ein Eingriff in die Origin nicht nur der Fantastischen Vier sondern des ganzen Universums, der zwar gottseidank im Endeffekt folgenlos bleibt, aber selbst mir einfach mal zu... viel zu heftig ist. Nicht, daß ich jetzt auf die Barrikaden gehe, er hat da nix kaputt gemacht an den Figuren, aber er "pfuscht" einfach massiv an kosmischen Dingen rum, daß man mit den Ohren schlackert.

Ich glaube, JMS große Stärke ist gleichzeitig auch seine große Schwäche. JMS kleckert nicht, er klotzt. Er schafft in seinen eigenen Geschichten komplexe Charaktere und Handlungen, die verdammt gut durchkonzipiert sind. Bekommt er aber ein festes Szenario mit bereits etablierten Charakteren vorgesetzt, macht er sich mit dem Versuch, diesem einen "epischen", "JMS"schen Stempel aufzudrücken, unbeliebt. Ich meine, er kriegt die F4, und das erstbeste was er tut, ist ihre Origin auf seine Art zu interpretieren. Wie offenbar bei Gwen Stacy auch versucht er, Vergangenes in seinem Sinne "umzukrempeln", anstatt selbst etwas neues aufzubauen. Ich finde das etwas.. arrogant. "Nein, ich schreibe hier nicht irgendwas, ich schreibe DIE Story über die wahre Entstehung der Fantastischen Vier und wenn ich grade dabei bin, auch noch über die Entstehung des Universums und die Macht des Forscherdrangs." Die Umsetzung dessen ist auch professionell, richtig mit Exposition und Parallelen und schlagmichtot, sehr gut geschrieben, aber die reine Thematik missfällt mir einfach für einen ersten Arc. Da plant der Mann fünf Jahre B5 und verballert so einen Knaller in den ersten 6 Heften.

Das ist eigentlich die Quintessenz. Er will zu früh zu hoch hinaus und er verJMSt etablierte Charaktere. Der folgende Dreiteiler war übrigens umso belangloser, aber sehr solide Arbeit in der Charakterdarstellung Ben Grimms und Bruce Banners. Hat mich wieder etwas versöhnt.

Ich denke wirklich, daß JMS am besten dort aufgehoben ist, wo er sich mit neuen Charakteren austoben kann, dazu zählen auch und vor allem Neuinterpretationen (wie die Squadron Supreme oder Doc Strange). Ich warte immer noch sehr positiv gespannt auf seinen Thor-Restart, wo er sicherlich einiges verändern kann und auch darf. In den laufenden Serien überzeugt er weniger - sofern ich das nach nur 9 Ausgaben einer von diesen überhaupt beurteilen kann.

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