Montag, 31. Juli 2006

Freie (Rad)fahrt (2): Freundliche Menschen

Erst die zweite Episode der neuen Rubrik, und schon breche ich mit der Tradition: Es gibt nämlich ein durchaus positives Happy End bzgl. der freien Radfahrt und der Titel "Freundliche Menschen" ist in diesem Zusammenhang auch mal gar nicht ironisch gemeint. Außerdem geht's am Anfang gar nicht so sehr ums Radfahren... naja, obwohl... irgendwie doch.

Gestern wollten wir (wir bestehend aus Falk, Susel und mir) endlich mal das sommerliche Wetter sinnvoll nutzen und beschlossen, zum Liepnitzsee zu pilgern, det liegt in der Nähe von Wandlitz, nordöstllich von Berlin. Wir packten die Fahrräder ein, strampelten bis zum Gesundbrunnen (ohne nennenswerte Zwischenfälle, whoa!) und fuhren von dort mit der S-Bahn bis nach... vergessenwiesheisst, ist eh egal. Karow, das wars. Verdammt viele Fahrräder in der S-Bahn, unsere inklusive. Tip: Immer jemanden die Fahrräder festhalten lassen (ratet mal, wer den Job machen durfte... :-/ ), und auch checken, auf welcher Seite die Türen aufgehen..

Von Karow aus sollte dann eine private Bahn nach Wandlitz fahren. Noch wohlgemut warteten wir zusammen mit ca 1000 anderen Fahrradfahrern am Bahnsteig auf das sicherlich extremst voluminöse, für Fahrradmitnahme optimierte Beförderungsvehikel. Das kam dann auch pünktlich und war... naja... nicht ganz so voluminös. Eigentlich sogar so gar nicht, man könnte es gar als durchaus schmal und kurz bezeichnen... kürzer als ne kurze S-Bahn. Von der versprochenen Anita, ihres Zeichens Falks Praktikantin, war nichts zu sehen, wie wir später erfuhren, hielt ihre S-Bahn hinter dem Zug, zumindest wollte Falk mir das weismachen...

Mit etwas Schieben, Drücken und Quetschen schafften wir es dennoch irgendwie mit unseren Rädern in den Zug und freuten uns an der zahlreichen Gesellschaft und der erquicklichen Enge. An meinem Standort standen ungelogen knapp ein Dutzend Fahrräder nebeneinander auf die Breite des Zuges verteilt. Also von Tür zu Tür, ganz vorne noch ein an die Tür gedrücktes Susel. Und natürlich ging an einer der nächsten Haltestellen die Tür auf der anderen Seite auf, sodaß der heldenmütige Blogschreiber höchstpersönlich die ganzen Blechgestelle festhalten durfte, damit sie nicht auf den Bahnsteig purzelten. Mein Kraftakt wurde von zwei zusteigenden Rentern recht wenig gewürdigt, die beschwerten sich direkt, daß sie nicht in den Gang durchtreten konnten und fragten, "ob ich die Räder nicht mal wegstellen könne". Natürlich während die Tür noch geöffnet war und ich alle Hände voll zu tun hatte a) die Fahrräder am Herausfallen zu hindern und b) dabei auch noch wie ein Berserker ziehen musste, damit der Tür-Sensor nicht ansprach. Hätte ich die Kraft zum Sprechen gehabt, hätte ich irgendnen doofen Spruch gelassen.

Es erlöste mich eine weitere helfende Hand, die dann auch die Fahrräder mit beiseite schaffte, damit die zeternden Herrschaften ungehindert durchtreten konnten. Zudem kam auch tatsächlich eine Schaffnerin des Weges (höhö, ICH hatte ordentlich auch für die Fahrräder ein Ticket gelöst, im Gegensatz zu Falk) und meinte recht trocken, "...daß offiziell genau zehn Fahrräder mitgenommen werden dürften. Im ganzen Zug. Und nur da vorn im Fahrradabteil wo im Moment so ca 40 stehen würden..." Falk hatte Glück, daß ihr die beiden Renter ne Diskussion/Beschwerde ans Bein binden wollten, so blieb seine Schandtat unentdeckt. Die Schaffnerin war aber eindeutig auf unserer Seite und der der Radfahrer allgemein, sehr sympathische Frau :).

In Wandlitz konnten wir dann endlich raus und radelten zum See. Dessen Ufer natürlich hoffnungslos überfüllt war. Trotzdem fanden wir ein Plätzchen am Ufer, später sogar noch weiter vorn unter einen Baum. Besagter Baum war ein recht hübsches Exemplar mit allerdings einem katastrophalen Nachteil: Er ragte recht weit und flach ansteigend übers Wasser und war somit Ausflugsziel der gesamten pubertierenden männlichen Jugend der Umgebung. Wir waren gerade im Wasser und schmissen uns gekonnt Falks Frisbee in die Gesichter, als der erste Möchtegern-Coole mit seiner Gang anrückte. Er stand dann geschätzte 30 Minuten am Ende des Astes und traute sich nicht mehr runter, weder auf dem kurzen noch dem langen Weg. Nee halt, Obercool-Boy #2 war vorher schon runtergehopst. IMO ein durchaus riskantes Unterfangen, denn die Tiefe des Sees nahm zwar vom Ufer weg rasant zu, war aber dennoch recht schwer zu kalkulieren. Jedenfalls wurde Obercool-Boy #1 solange belabert, bis er auch runterfiel. Mittlerweile waren auch Obercool-Girl #1, 2 und 3 nebst Obercool-Boy #3 angetanzt, sodaß das Ganze in mehrfacher Ausführung durchzelebriert wurde. Unsere Decke war natürlich exakt unter dem Baum und war danach dann auch enstprechend vollgemutzelt mit Dreck.

Die nächste Welle ließ nicht lange auf sich warten, wenigstens durften wir den zögernden Bub ganz offiziell mit dem Frisbee bewerfen. Welle 3 und 4 ergossen sich im wahrsten Sinne über uns, als wir schon wieder auf der Decke lagen und Falk seine zwanzigste Seeumrundung hinter sich hatte. Einmal reingesprungene Baumspringer sind nämlich erstaunlicherweise pitschenass und tropfen einem beim erneuten Aufstieg alles voll. Freundliches und bestimmtes Ermahnen nützte nix, wenigstens blieb Welle 5 in Form eines etwas benebelten Engländers aus, der war nämlich "not sure about that". Am frühen Abend traten wir diesen Wahnsinnsplatz an eine Familie ab und schwangen uns wieder auf unsere ungeklauten Fahrräder.

Anita wurde mir übrigens bis dahin weiterhin böswillig und vorsätzlich vorenthalten, sie hätte uns nicht gefunden, meinte Falk nach einem der zahlreichen Handyanrufe. Jajaja, klar. Die gibt's wahrscheinlich genausowenig wie Andreas und Nicole (mit diesen beiden Schauspielern könnt ihr mich nicht foppen, obwohl die echt überzeugend sind) von nebenan. Auf so billige Handyfakes und Bilder irgendwelcher hübschen Mädels fall ich doch nicht rein. Der morgendliche Anruf der jungen (extra dafür engagierten) Frau, den ich annahm, war allerdings gut platziert, muss man zugeben.

Unser usprünglicher Plan sah vor, nach Bernau zu radeln und von dort mit der S-Bahn zurückzufahren, bzw. in meinem Falle von dort weiterzustrampeln. Dummerweise bogen wir irgendwo falsch ab und fanden uns stattdessen in Basdorf wieder, das ein "bißchen" zu weit westlich lag. Netterweise gabs da auch einen Bahnhof, an dem wir das leicht geschaffte Susel abliefern konnten. Falk und ich beschlossen, den weiteren Heimweg auf unseren Rädern anzutreten, bis zur Stadtgrenze Berlin waren es nach Schild eh nur läppische sieben Kilometer.

Wir schafften so knapp 0,5 davon, bis ich mit Schmackes über ein gigantisches Schlagloch des Bösen [TM] fuhr und mir meinen Schlauch aufschlitzte. Große Freude bei uns beiden. Schieben konnte man das Ding schlecht, weil es so auf der Felge fuhr, zum Tragen war es verdammt unhandlich. Trotzdem erbarmte sich Falk und nahm meinen Drahtesel auf die Schulter (danke nochmal :) ). Sichtlich demotiviert schleppten wir uns Richtung Bahnhof. Auf halber Strecke kam uns ein Mann - schätzungsweise Ende 30, Anfang 40 - auf einem Fahrrad entgegen und fragte neugierig, was für ein Problem wir hätten. Noch an einen schadenfrohen Scherzbold glaubend, verwiesen wir auf den Plattfuß und schilderten unsere weiteren Pläne, den Bahnhof zwecks Heimkehr aufzusuchen. "Da hab ich ne bessere Idee, wartet mal eben, ich hol Euch nen Schlauch, dann könnt ihr direkt weiterfahren." Etwas verdutzt taten wir das auch. Der Bursche kam dann auch tatsächlich wieder, sagte uns, wo er wohnte (war direkt um die Ecke) und erwartete uns mit Schlauch und Werkzeug in seiner Garage. Innerhalb von Minuten war der Schlauch drin und das Fahrrad wieder heile. Mehr als ein Danke wollte er nicht. An dieser Stelle hier nochmal in schriftlicher Form herzlichsten Dank an Herrn T. Sander aus Basdorf :). Da glaubt man doch wieder an das Gute im Menschen, soviel Freundlichkeit und Hilfsbereitschaft erlebt man selten.

Auf der Weiterfahrt durften wir uns zwar von einer besonders netten Dame aus einem Cabrio heraus als Idioten beschimpfen lassen, da wir nicht auf dem Radweg fuhren, aber das tat der guten Laune keinen Abbruch. Der Radweg war übrigens auf der anderen Strassenseite und überhaupt nicht zu sehen, wenn man nicht genau wusste, daß da einer ist. Ich glaube, wir haben die Tussi weiter vorne sogar wieder überholt - brav auf dem Radweg natürlich ;). Die weitere Fahrt war recht angenehm, leider ging uns irgendwann der Nachschub an Getränken aus und da wir uns auch minimal verfransten, zog sich der Weg auch durchaus länger hin. Haben's dann aber trotzdem noch geschafft :). Und die Moral von der Geschicht: Fahr vorsichticht (auweia, wie schlecht). Nee, keine Moral heute ;).

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